Die Me 262

 

 

Nach dem Krieg

In den USA

Nach der Kapitulation versuchten die United States Army Air Forces mit der "Operation Lusty" (LUftwaffe Secret TechnologY), so viel wie möglich von der deutschen Luftfahrttechnologie zu erfassen. Dazu sendete der amerikanische Luftwaffengeheimdienst Teams nach Deutschland, um nach Flugzeugen, technischen und wissenschaftlichen Berichten, Forschungseinrichtungen und Waffen zu suchen und nach den USA zu holen. Ein Team sammelte unter Col. Harold E. Watson feindliche Flugzeuge und Waffen.

Lieutenant Robert C. Strobell wurde nach Lechfeld geschickt, um dort die übrig gebliebenen Me 262 einzusammeln. Als er dort angekommen war, musste er jedoch feststellen, dass die meisten Maschinen bei den alliierten Bombenangriffen oder von den Deutschen Soldaten selbst zerstört wurden. Wenn eine Maschine mal noch intakt war, wurden Teile davon von alliierten Soldaten als Souvenirs abgeschraubt sodass diese auch nicht mehr einsatzfähig waren. Trotz alldem konnte eine Gruppe Amerikaner, die schon einige Wochen vorher in Leipheim angekommen waren, acht Maschinen retten.

Diese Maschinen wurden von freiwilligen Angehörigen der Leipheimer Bodenmannschaft in flugfähigen Zustand versetzt, sodass die amerikanischen Piloten diese mit Hilfe der deutschen Bodenmannschaften und Piloten ausgiebig testen konnten. Zu ihnen gesellten sich Hauptman Heinz Braur, den Chef-Testpilot Messerschmitts Karl Baur sowie den Testpiloten Ludwig "Willie" Huffman und Chefkonstrukteur Gerhard Coulis.

Diese erbeuteten Maschinen wurden auf der rechten Seite mit dem inoffiziellen Namen der Schwadron Feudin' 54th markiert und auf der linken Seite mit einem Namen, dem der Pilot der Maschine gab. Eine Maschine, genannt Beverly Ann, wurde nahezu unversehrt nahe München gefunden und der Schwadron zugesteuert.

Die Maschinen wurden anschließend nach Frankreich geflogen und von Cherbourg aus nach den USA verschifft. Dort wurden sie in Freeman Field, Indiana, sowie in Newark, New Jersey, weiteren Tests unterzogen, wo sie u.a. auch mit der amerikanischen Düsenjäger-Entwicklung P-80 verglichen wurden (die Tests fielen sehr positiv zugunsten der Me 262 aus). Bei einem Flug von Colonel Watson und Ken Holt kam es zum Versagen der Bremsen bei der Landung in Pittsburgh, Holt's Maschine fing Feuer und wurde zerstört. Eine weitere Maschine wurde von Holt bei zahlreichen Airshows in ganz Amerika in Aktion gezeigt, bis ein Triebwerk irgendwann seinen Dienst einstellte, mit der Me 262A-1a/U3 und dem Kennzeichen FE-4012 bzw. später T-2-4012 wurden noch bis August 1947 weitere Tests durchgeführt, bis sie von der Hughes Aircraft Corporation restauriert wurde.

Die Geschichte wird noch um einiges detaillierter auf einer amerikanischen Seite hier erzählt...

"Watson's Whizzers Maschinen":

000: Me 262A-1a/U4, V-083 ("Pulkzerstörer"), "Wilma Jean", "Happy Hunter II", noch in Europa abgestürzt

111: Me 262A-1a, weiße 5 KG(J)54; "Beverly Ann", "Screemin' Meemie"; zur US Navy als BuAer.No.121442; heute im United States Air Force Museum; (Weitere Infos)

222: Me262A-1a/U3; "Marge", "Lady Jess IV"; zur US Navy als BuAer.No.121443

333: Me262A-1a; "Feudin 54th A.D.Sq", "Pauline", "Deeloverly"; zur US Navy als BuAer.No.121444

444: FE-4012; Me262A-1a/U3; Kommando Braunegg, "Connie... My Sharp Article", "Pick Il"; ehemals Planes of Fames Chino, 2000 von Paul Allen gekauft (weitere Infos)

555: Me262B-1a; Werk-Nr. 110639, weiße 26,  "Vera", "Willie"; heute in der Delaware Valley Historical Aircraft Association (Link zum Museum und weitere Infos)

666: FE-4011; Me 262A-1a/U3: Werk-Nr. 500098, "Joanne", "Cookie VII"; in Pittsburgh bei der Landung zerstört

777: FE-110; Me 262A-1a; wahrscheinlich Werk-Nr. 110836, schwarzes L, I./KG51; 777, "Doris", "Jabo Bait"

888: FE-111; Me262A-1a; Werk-Nr.500491; gelbe 7 IV./JG7; "Dennis", "Ginny H"; heute im NASM Washington DC (weitere Infos)

999: FE-610; Me262B-1a/U2; Werk-Nr.110306; rote 6 10./NJG11; von der RAF in Schleswig erbeutet und den USA übergeben; "Ole Fruit Cake"; wahrscheinlich um 1950 verschrottet

101: Me262B-1a; Werk-Nr. 110165 den USA von der RAF übergeben; "What Was it?", später wahrscheinlich BuAer.No.121441; verschrottet im November 1946

Weitere von den Amerikanern erbeutete Maschinen:

FE-0107: Me 262A-1a, Werk-Nr. 111711; getestet in Wright Field; abgestürzt

 

In England

Auch die englische Luftwaffe erbeutete einige Me 262, in einem Script aus dem RAF Museum ist die Rede von 6 Maschinen aus dem JG 7 und KG 51, die in Faßberg erbeutet wurden. Die Maschinen wurden nach England überführt und in Farnborough getestet. Eine davon ging nach Australien, eine nach Südafrika, zwei wurden den USA übergeben und eine verblieb im RAF Museum in London. Eine nach Kanada übergebene Maschine existiert nicht mehr, eine Maschine ging bei der Überführung bei der Landung in Lübeck zu Bruch und wurde verschrottet.

Folgende Angaben stammen von der "Air Ministry Form 78", welche dazu verwendet wurde, Zuweisungen eines Flugzeug an die entsprechenden Einheiten aufzunehmen. Quelle: http://me262.nfshost.com/mt/site/archives/2004_05.html Weiterhin existiert von der Air Ministry ein Dokument "Air 40/2022" in welchem nach England verschiffte Maschinen aufgeführt, sind, die AM-Nummern enden aber hier mit AM46...  Dieses Dokument ist einsehbar im Forum von http://www.luftwaffe-experten.org, die unten weiterhin ergänzten Daten stammen ebenfalls aus diesem exzellenten Forum.


Kennzeichnung der Maschinen:
AM52 = Air Ministry Nummer (beiderseits des hinteren Rumpfteiles)
VH509: RAF-Nummer (beiderseits des hinteren Rumpfteiles)
47 MU: RAF-Instandsetzungseinheit in Liverpool
 

Maschinen mit AM (Air Ministry) Nummern

RAF-No. AM50; Me 262B-1a/U1; Werk-Nr. 110305; rote 8 aus IV.NJG11; 1947 nach Kapstadt, heute im Museum in Johannesburg

RAF-No. AM51; VK893; Werk-Nr. 112372; Me262A-2a; gelbe 7 aus dem I./JG7, nach neuesten Erkenntnissen könnte es aber auch die rote 2 auch aus dem 10./NJG11 sein; heute im RAF Museum in London

RAF-No. AM 52; VH509; man dachte bisher es sei Werk-Nr. 500210, gelbe 17 aus 3./JG7; nach neuesten Erkenntnissen müsste es aber die Rote 1 aus dem 10./NJG11 sein, eine der wenigen 1-sitzigen Nachtjäger; ehemals JG7 (überlackiertes Rumpfband); nach Kanada und dort 1947 verschrottet; die Turbinen dieser Maschinen existieren noch in einem Museum in Kanada

RAF-No. AM53 war möglicherweise eine Me 262B Werk-Nr. 111980, Dokument unklar

RAF-No. AM79; Me262A; ist möglicherweise die gelbe 17 Werk-Nr. 500210 (nicht AM 52); ging wahrscheinlich nach Orfordness, wo sich die Reste wohl noch befinden.

RAF-No. AM80; VH890; Werk-Nr. 111690; Me262A-2a, weiße 5 aus I./JG7 oder KG51; 1946 nach Kanada und wahrscheinlich dort 1949 verschrottet

RAF-No. AM81; VP554; Werk-Nr. 500200; Me262A-2a; schwarzes X aus dem 2./KG51; 1946 nach Melbourne; heute im Australian War Memorial

Maschinen mit "USA-Nummern"

U.S.A.1, Werk-Nr. 500443; Me 262A-1a; weiße 5 aus JG7; 1946 nach Kapstadt, um 1950 verschrottet

U.S.A. 2, Werk-Nr. 110306, Me 262B-1a/U1; rote 6 aus IV./NJG11; wurde den Watson's Wizzers übergeben (Nr. 999) und bekam in den USA das Kennzeichen FE-610

U.S.A. 3, Werk-Nr. 110165, Me 262B-1b; in die USA verschifft, bekam die Nr. BuAer.No.121441

U.S.A. 4, Werk-Nr. 110635, Me 262B-1/U1; rote 10 aus IV./NJG11; ging nicht in die USA

 

Unklare Maschinen und Nummern

RAF-No. VH590; "Station or Contractor: 6 MU"

RAF-No. "No Serial Number"; Unit C.F.E.; "Station or Contractor: West Raynlam"

Werk-Nr. 110800; gelbe 7 1./JG7; bei der Landung in Lübeck zerstört

 

In der damaligen Tschechoslowakei

In der Tschechei wurden während des Krieges Teile der Me 262 gefertigt, das vorhandene Wissen und die zurückgelassenen Unterlagen wurden benutzt, um nach dem Krieg selbst die Me 262 zu bauen. Die ursprünglichen Triebwerke Jumo 004B-1 wurden unter dem Namen M-04 bei der Luftfahrt-Reparaturwekstatt Malešice gebaut, die Zelle beim Flugzeughersteller Avia. Am 27.08.1946 flog der erste Prototyp, der erste tschechiche Düsenjäger wurde am 24.06.1948 der tschechoslowakischen Luftwaffe übergeben. Insgesamt wurden 10 Flugzeuge gebaut, 9 Ein- und und 1 Doppelsitzer, wobei 2 Einsitzer später zu Doppelsitzern umgebaut wurden. Die Einsitzer wurden als S.92 (oder S-92), die Doppelsitzer als CS.92 (oder CS-92) bezeichnet. Gegen Ende der 1940er Jahre wurde das tschechoslowakische 5. Jagdgeschwader gegründet, wo diese Maschinen eingesetzt wurden. Die Maschinen wurden allerdings nur kurz eingesetzt, denn kurz darauf wurden russische Jets angeschafft und die "tschechischen Messerschmitts" wurden im ganzen Land verstreut als Lehrmittel eingesetzt. Die letzte Maschine wurde 1951 ausgemustert, kurz nachdem sechs Maschinen bei einer Militärparade in Prag geflogen sind. Ein Verkauf an Jugoslawien scheiterte später. Im Prager Luftfahrtgmuseum Prag-Kbely (Info über das Museum bei Wikipedia). stehen heute 2 Maschinen, eine CS-92 mit dem Kennzeichen V-35 (Seriennummer 5), sowie eine S-92 mit dem Kennzeichen V-34 (Seriennummer 4). Mehr Infos in der tschechischen Wikipedia oder auf einer sehr detaillierten tschechischen Seite.

 

In Russland

Auch die Russen müssen mehrere Me 262 erbeutet haben, zumindest existieren einige Bilder erbeuteter Maschinen mit russischen Hoheitszeichen. Was mit diesen geschehen ist ist völlig unklar...

Die einzige Quelle ist bisher das Buch "Under The Red Star. Luftwaffe aircraft in the Sowjet Airforce" von Carl-Fredrik Geust  (ISBN 1-85310-395-0). Hier wird berichtet, dass mehr als 20 Me 163 und Me 262 von der russischen 16. GIAP in Oranienburg sowie weitere in Schabindorf (?), in Schneidemühl (heute Piła in Polen) und Rechlin-Lärz erbeutet wurden.

Schneidemühl war eine Reparaturwerkstatt (Codename "Detlef") u.a. auch für Me 262, wo Gefangene aus Arbeitslagern gearbeitet haben. Angeblich wurden dort auch von Dezember 1944 bis Januar 1945 mindestens 30 Me 262 gebaut, nicht nur repariert. Es ist Möglich, dass es sich hierbei aber um aus Teilen neu zusammengebaute Maschinen handelt, nicht um vollständig dort produzierte Düsenjäger. Die Russen haben mindestens 2 Maschinen in Schneidemühl erbeutet. Am 26.01.1945 wurden die Gefangenen des Arbeitslagers und alle Dokumente nach Münster evakuiert, wobei die Dokumente wohl bei einem Fliegerangriff der alliierten beim Transport zerstört wurden.


Von den Russen erbeutete, funktionierende Maschinen wurden von Spezialisten der NII VVS (Russische Versuchsanstalt für Militärflugzeuge) untersucht, den ersten Testflug führte Andrei G. Kochetkov am 15. August 1945 durch. Insgesamt hob er bis zum November 1945 18 Mal mit der Me 262 ab.

Hierbei handelt es sich anscheinend um die Werk-Nr. 170063, weiße 9 aus dem JG7, die bei der Landung durch Ofw. Helmut Lennartz in Kolberg im April 1945 beschädigt wurde. Sie wurde später bei einer Landung wegen Triebwerksstörung zerstört, der Pilot Feodor F. Demida kam dabei ums Leben.


Am 7. Mai wurde vom sowjetischen Piloten Konstantin Sukhov, Pilot der 16. GIAP, eine weitere Me 262 in Großenheim (?) erbeutet und in die Sowjetunion geflogen.

Hiezu gibt es ein Video auf Youtube, auf dem die Me 262 zu sehen ist:

Einige Flugaufnahmen der russischen Me 262:

Diese Flugaufnahmen wurden in einem Lehrfilm der NII VVS über die 262 verwendet: http://www.dailymotion.com/video/x46qe1_messerschmitt-me262-en-urss_tech

Quellen:

American raiders: the race to capture the Luftwaffe's secrets Von Wolfgang W. E. Samuel

http://www.stormbirds.com/squadron/mission/jetbase.htm

www.luftwaffe-experten.org